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Fachforum "Naturschutzberatung mit Landwirten:
Neue Wege - neue Medien"

Wie steht es um die Naturschutzberatung für Landwirtinnen und Landwirte? Was braucht es, damit Naturschutzmaßnahmen verstärkt in landwirtschaftliche Betriebsabläufe integriert werden? Welche modernen Kommunikationsmittel können die Umsetzung von Naturschutzmaßnahmen erleichtern? Und wie kann das alles finanziert werden? Diesen und weiteren Fragen ging das Fachforum „Naturschutzberatung mit Landwirten: Neue Wege – neue Medien“ im Rahmen des DBV-Verbundprojektes „Lebendige Agrarlandschaften – Landwirte gestalten Vielfalt“ nach, das der DBV am 24.10.2016 in Berlin veranstaltete.

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In seiner Begrüßung hob Eberhard Hartelt, Präsident des Bauern- und Winzerverbands Rheinland-Pfalz Süd und DBV-Umweltbeauftragter, die Bereitschaft der Landwirtinnen und Landwirte hervor, sich aktiv für den Naturschutz auf ihren Betriebsflächen einzusetzen. Für die erfolgreiche Zusammenarbeit mit dem Naturschutz sollten diese als wichtige Partner anerkannt und in die Erhaltung und Entwicklung der Kulturlandschaften mit ihrer charakteristischen Tier- und Pflanzenwelt eingebunden werden. Der Einladung des DBV waren mehr als 60 Teilnehmende aus der Landwirtschaft und dem Naturschutz gefolgt. “Lassen Sie und gemeinsam an erfolgsversprechenden Strategien arbeiten, denn alle Akteure verbindet das gemeinsame Ziel der Vereinbarkeit von Landwirtschaft und Naturschutz”, appellierte Hartelt an das Plenum.

Landwirte zu Akteuren im Naturschutz machen

Prof. Dr. Werner Wahmhoff, stellvertretender Generalsekretär der Deutschen Bundesstiftung Umwelt, forderte mit seinem Beitrag „Landnutzung und Naturschutz – Konflikte & Lösungen“ eine Konkretisierung von Schutzzielen im Naturschutz. Ob es einer Art in der Agrarlandschaft gut ginge oder nicht, hinge davon ab, ob ihre spezifischen Lebensraumansprüche erfüllt würden. Zu sagen, dass der Artenrückgang seine alleinige Ursache in der Intensität der Landwirtschaft habe, reiche nicht aus. Es müssten gezielte Maßnahmen entwickelt und die Landwirte zu Akteuren im Naturschutz gemacht werden. Wahmhoff betonte bei seiner Schilderung des Landnutzungswandels die zunehmende Flächenbeanspruchung durch Siedlung und Verkehr, die zulasten der produktiven landwirtschaftlichen Flächen gehe und zu einem nennenswerten Flächenverlust in der Landwirtschaft führe. Zudem forderte er dazu auf, die agrarpolitischen Instrumente wie Greening, Agrarumweltmaßnahmen und Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen optimal zu nutzen und betriebsspezifische Beratungsangebote zu erarbeiten.

Den Aufruf Wahmhoffs, die Landnutzenden zu Akteuren des Naturschutzes zu machen und die Zusammenarbeit zwischen Landwirten und Naturschützern zu stärken, griff Steffen Pingen, Fachbereichsleiter Umwelt/Ländlicher Raum beim DBV, in seiner Vorstellung des Verbundprojektes „Lebendige Agrarlandschaften“ auf. In zwei intensiv bewirtschafteten Ackerbauregionen im Münsterland und  im “Summenden Rheinland” sowie einem Weinbaugebiet mit Steil- und Steilstlagen werden unterschiedliche Naturschutzmaßnahmen umgesetzt und sowohl hinischtlich ihrer Förderung von Ökosystemleistungen als auch der Integrierbarkeit der Maßnahmen in die landwirtschaftliche Produktion weiterentwickelt. Ziele des Verbundprojektes sind die Übertragung erfolgreicher Maßnahmen auf andere Regionen Deutschlands und die politische Implementierung der Projektmaßnahmen zur Weiterentwicklung der Agrar- und Umweltpolitik.

Die wissenschaftliche Begleitung des Verbundprojektes wird durch das Leibniz-Zentrum für Agrarlandforschung (ZALF) durchgeführt. Im DBV-Dachprojekt Naturschutzmanagement „Von Bauern für Bauern“ wird ein vom Berufsstand getragenes Netzwerk zur Information über und zum Management von Naturschutzmaßnahmen modellhaft aufgebaut. Ausgegangen wird davon, dass der Umsetzung von wirksamen Naturschutzmaßnahmen in der Praxis der bürokratische Aufwand und drohende Sanktionen im Wege wären. Zudem seien für Landwirtinnen und Landwirte solche Angebote attraktiv, die mit einer persönlichen und individuellen Beratung einhergehen und bei denen Beispiele von Berufskolleginnen und -kollegen den Erfolg von Maßnahmen zeigen. Diesen Ansatz verfolgt das Konzept zum Naturschutzmanagement „Von Bauern für Bauern“. Das Naturschutz-Informations-Netzwerk wird im Rahmen des Projektes modellhaft in verschiedenen Regionen umgesetzt. Dabei sollen Landwirte mit Erfahrungen im produktionsintegrierten Naturschutz eine Mittlerfunktion für Berufskolleginnen und -kollegen übernehmen und vorhandene Aktivitäten im Naturschutz stärker vernetzt werden.

Unverhältnismäßige Sanktionen und bürokratischer Aufwand schrecken ab

Isabell Raschke vom Deutschen Verband für Landschaftspflege (DVL) erläuterte in ihrem Vortrag die Grundprinzipien und die kooperative Arbeitsweise des DVL. Die Funktion der Landschaftspflegeverbände vor Ort als Brücke zwischen Landwirtschaft und Naturschutz erörterte sie anhand der Biodiversitätsberatungen in Sachsen und Schleswig-Holstein. Thomas Ibald, Winzer im Steillagenweinbau an der Mosel und Ausbildungsberater der Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz, gab einen praxisnahen Einblick in die dortigen Förderprogramme. Anschaulich zeigte er die vielfältigen Möglichkeiten für die interessierte Winzer- und Bauernschaft auf und verdeutlichte gleichzeitig die Problematik eines solch breiten Spektrums. Dem steigenden ökologischen Bewusstsein im Berufsstand tritt eine geradezu verwirrende Vielzahl an Förderprogrammen mit Unterschieden und Überschneidungen in Zielsetzung und Förderumfang entgegen. Der außerordentlich hohe bürokratische Aufwand und drohende Sanktionen für kleinste Fehler tragen dazu bei, am Naturschutz Interessierte regelrecht abzuschrecken oder auszubremsen. Ibald betonte, dass die direkte persönliche Ansprache und Beratung für die Motivation, Naturschutzmaßnahmen im Weinberg umzusetzen, essentiell ist und nahm auch Bezug auf das im Verbundprojekt “Lebendige Agrarlandschaften” laufende “Moselprojekt”.

Bürokratie und Kontrollaufwand reduzieren

Auch Prof. em. Dr. Wolfgang Schumacher plädierte für einen Bürokratieabbau sowohl auf EU-Ebene als auch in den Bundesländern und stellte das derzeitige Verhältnis von Kontrollaufwand und den damit verbundenen Belastungen für Landwirtinnen und Landwirte und Behörden gegenüber dem Nutzen für Natur und Umwelt in Frage. Diese Erfahrungen bestätigte Roland Grosskopf von der Landesanstalt für Entwicklung der Landwirtschaft und der ländlichen Räume Schwäbisch Gmünd (LEL). Die entscheidende Motivation eines bislang im Bereich Naturschutz passiven Landwirts sieht er in der öffentlichen Präsentation von Vorbildern und Multiplikatoren im eigenen Berufsstand, die das Interesse an der Naturschutzberatung bei anderen Landwirtinnen und Landwirten wecken.
Zu Beginn hatte Prof. Wahmhoff die Kulturlandstiftungen als gutes Beispiel brancheninterner Strukturen für betriebsübergreifende Naturschutzmaßnahmen genannt. Dies unterlegte Dominik Himmler, Geschäftsführer der Bayerischen KulturLandStiftung, mit seiner Darstellung der Aktivitäten und Herausforderungen für produktionsintegrierte Kompensationsmaßnahmen (PiK) in Bayern. Eine große Chance für Naturschutz und Landwirtschaft liegt nach Einschätzung in der Umsetzung von PiK auf wechselnden Flächen. Diese Chance könne allerdings nur dann erfolgreich genutzt werden, wenn Faktoren wie Eigenverantwortung der Beteiligten, Anerkennung von Naturschutzleistungen, gemeinsame Planung und Transparenz bei der Entwicklung von entsprechenden PiK berücksichtigt werden.

Studien belegen Naturschutz-Motivation der Landwirte

Über einen Ansatz zur Einführung ökonomischer Anreizinstrumente berichtete das ZALF. Im Projekt AgoraNatura wird derzeit ein internetbasierter Marktplatz für Ökosystemleistungen und Biodiversität entwickelt, der Anbieter wie zum Beispiel Landwirtinnen und Landwirte, Landschaftspflegeverbände und Stiftungen auf der einen Seite und Unternehmen und Privatpersonen als Nachfrager auf der anderen Seite zusammenbringt. Hiermit soll die Lücke zwischen staatlichen Programmen und verpflichtender Kompensation geschlossen werden. Landnutzende sollen dafür bezahlt werden, dass sie Ökosystemleistungen und Biodiversität erhalten bzw. fördern oder negative externe Effekte mindern. Ergebnisse bisheriger wissenschaftlicher Untersuchungen belegen die Motivation der Landwirtinnen und Landwirte, sich für den Naturschutz zu engagieren. Diese Motivation wird durch erwartete positive Effekte auf das Image und die Außenwirkung begründet sowie durch das Interesse am aktiv mitgestalteten Naturschutz, auch im Hinblick auf die Ausweisung als ökologische Vorrangflächen im Rahmen des Greenings der Agrarpolitik.
Auf der Honorierung zielgenauer, produktionsintegrierter Maßnahmen zur Verbesserung des Anreizes für Landwirtinnen und Landwirte basiert das von Dr. Heinrich Graf von Bassewitz vorgestellte Projekt “Landwirtschaft für Artenvielfalt” zur Förderung der biologischen Vielfalt im ökologischen Landbau. Konkrete und über die Richtlinien des ökologischen Landbaus hinausgehende Naturschutzleistungen der Betriebe werden hier durch die entsprechende Vermarktung der Produkte vom Lebensmitteleinzelhandel finanziell vergütet.

Erfahrungsaustausch auf dem “Marktplatz der Ideen”

Im Anschluss an die Beiträge der Referentinnen und Referenten lud der DBV die Teilnehmenden des Fachforums zu einem „Marktplatz der Ideen“ ein, bei dem sie ihre Anregungen und Hinweise zum Thema Naturschutzberatung mit Landwirtinnen und Landwirten austauschen und diskutieren konnten. In kleineren Gruppen und aufgelockerter Atmosphäre ging es hier unter anderem um Fragestellungen zu erfolgsversprechenden akzeptanzbildenden Maßnahmen, den Einsatz neuer Medien sowie Finanzierungsquellen für die Naturschutzberatung. Die zusammengetragenen Ideen und Ansätze sollen in die konkrete Ausarbeitung eines berufsständisch getragenden Netzwerkes zur Stärkung und Ergänzung bereits etablierter Beratungsstrukturen einfließen und zu einer erfolgreichen Umsetzung beitragen.

Die Ergebnisse:

Produktionsintegrierter Naturschutz – Welcher Informations- und Beratungsbedarf besteht? >>

Akzeptanzbildende Maßnahmen für Naturschutz – Welche sind warum erfolgsversprechend? >>

Einsatz neuer Medien und Apps – Wie können sie mehr Biodiversität auf den Acker bringen? >>

Naturschutzinformation und -beratung für Landwirte – Welche Finanzierungsquellen gibt es? >>

Kontakt

Deutscher Bauernverband e.V.
Claire-Waldoff-Straße 7
10117 Berlin

Gefördert bis Dezember 2020 durch das Bundesamt für Naturschutz mit Mitteln des
Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit sowie durch die Landwirtschaftliche Rentenbank.